November 2023: So langsam fallen die Blätter von den Bäumen und es wird Zeit sich gemütlich warm einzupacken. Als interessante Herbst-Sofa-Lektüre haben wir heute gleich zwei Empfehlungen für euch: Zum einen sind unsere Jahresberichte 2022 von unseren vier Hilfsprojekten fertig gestellt und zum anderen möchten wir mit diesem Newsletter eine Porträtreihe über die vier Projektleiter beginnen.
Die Jahresberichte könnt ihr auf unserer Webseite unter den jeweiligen Projekten einsehen (Kinderheim, Dorfprojekt, Suppenküche und Township). Es tut gut zu sehen, das nach den Schwierigkeiten während der Corona-Pandemie nun wieder Normalität in den Projekten eingekehrt ist und die Hilfeleistungen annähernd auf dem Niveau vor der Pandemie erfolgen können.
Als wir nach Thermen für unseren Newsletter gesucht haben, kam uns die Idee, euch die Projektleiter:innen unserer vier Hilfsprojekte einmal genauer vorzustellen, ohne die unsere Arbeit in Südafrika nicht möglich wäre. Hierzu haben wir den Leiter:innen einige Fragen zu ihren Tätigkeiten im jeweiligen Projekt aber zu ihnen persönlich gestellt.
Den Auftakt macht Herr D.R. Aheer, der langjährige Leiter der Suppenküche „Greytown Feeding Project“. Unsere Vereinsvorsitzende kennt Herrn Aheer bereits seit fast 20 Jahren und ihre Begegnungen haben sie immer wieder beeindruckt, da er ein so herzensguter Mensch ist, immer an die Bedürftigen denkt und sein Leben lang nicht nur in der Suppenküche Gutes getan hat. Er ist als indisch-stämmiger Südafrikaner zur Zeit der Apartheid aufgewachsen und hat daher auch zur Thematik der Rassentrennung in Südafrika Spannendes zu berichten. Anhand einiger Interviewfragen zu seinem Leben und der Arbeit in der Suppenküche folgt hier sein Bericht (Übersetzung) und dazu passende Bilder.
Viel Spaß beim Lesen und Anschauen.
Euer Siyabonga-Vorstand
Mein Name ist Dhayaram Ramharak Aheer – in Hindi bedeutet „Daya“ Barmherzigkeit, „Ram“ unser Schöpfer/Gott und „Aheer“ ist ein Clan oder eine Familie, die sich um Kühe kümmert. Ich wurde am 09. Juni 1941 auf einer Farm bei Greytown geboren, die mein Vater von der Gemeinde Greytown gepachtet hatte, und ich bin die 3. Generation der Aheer-Familie. Meine Großeltern wurden am 31. Januar 1893 während der Apartheid als Vertragsarbeiter aus Indien nach Südafrika gebracht.
Ich hatte das Glück, die Schule zu besuchen zu können und schloß sie im Dezember 1957 ab. Das Leben damals war schwierig – zu meinen Aufgaben zählte unter anderem, mich um die Kühe zu kümmern und Obst und Gemüse auf einem Eselskarren, einer Schubkarre oder einem dreirädrigen Fahrrad in die Stadt zu bringen und zu verkaufen. Ich sägte Feuerholz zum Verkauf oder pflügte mit einem Ochsen die Felder, um Obst, Mais und Gemüse anzupflanzen.
Die Zeiten waren hart während der Apartheid mit dem „Group Areas Act“ und anderen Gesetzen zur Unterdrückung von Nicht-Weißen. Während ich versuchte, über die Runden zu kommen und auf andere schaute, die sich in einer ähnlichen oder noch schlimmeren Situation befanden - insbesondere Kinder und ältere Menschen - gab ich Gott das Versprechen, dass ich, wenn sich meine Situation bessert, den Bedürftigen Lebensmittel und andere Hilfe zukommen lassen würde.
Im Juni 1959 machte ich meinen Führerschein und mein Vater kaufte einen Chevrolet-Pickup, der den Eselskarren ersetzte. Es war viel bequemer und das Geschäft begann besser zu laufen. Leider verlor ich meine Mutter im Februar 1965 und meinen Vater im April 1966. Ich musste ohne meine Eltern weitermachen - vor allem mein Vater war im Lieferwagen immer an meiner Seite gewesen.
Am 29. Dezember 1968 heiratete ich meine Frau Radhika, eine Erzieherin, und wurde mit zwei Töchtern, Nivashnie und Preashnie, sowie einem Sohn, Vishayram, gesegnet. Mit Gottes Gnade konnten wir ihnen eine gute Ausbildung ermöglichen. Im Laufe der Zeit heirateten sie alle und wir wurden mit sechs Enkelkindern gesegnet.
Ohne mein Versprechen zu vergessen, das ich Gott, in meinen sehr schwierigen Tagen gegeben hatte, schloss ich mich einer Gruppe von Damen unter der Leitung der verstorbenen Frau Rani Nulliah an, die 2002 beschlossen, in Greytown eine Suppenküche zu eröffnen. Damals waren wir 12 bis 15 Mitglieder in unserem Team und nutzten eine Küche im Greytown Community Center.
Im selben Jahr wurde ich gebeten, die Position des Vorsitzenden zu übernehmen, die ich noch immer innehabe. Bei einem der Treffen beschloss ich, den Namen von „Soup Kitchen“ in „The Greytown Feeding Project & Distribution Centre“ zu ändern. Unsere finanziellen Ressourcen waren knapp und Spenden sammeln war ein Muss. Im Rahmen von Spendenaktionen haben wir z.B. Spaziergänge für den guten Zweck, Golfturniere und vieles mehr organisiert. Wir besuchten Unternehmen, um Spendengelder und Vorräte zu sammeln und griffen tief in unsere eigenen Taschen. Ich bin allen Einzelpersonen und Unternehmen, die bis zu diesem Tag dazu beigetragen haben und noch immer einen Beitrag leisten, sehr dankbar! Ein Unternehmen ist „Kharodia’s Wholesalers“, welches seit 2002 das Gas zum Kochen spendet.
Zusammen mit Dr. Naidoo, der inzwischen nach Durban umgezogen ist, hatte ich beschlossen, mich wegen eines Grundstücks für eine eigenständige Suppenküche an die Gemeinde Greytown zu wenden. Nach vielen Widerständen hatten wir schließlich Erfolg und der Bau der neuen Suppenküche begann im Jahr 2012.
Das “Greytown Feeding Project & Distribution Centre” wurde am 3. April 2016 fertiggestellt und im Beisein der Siyabonga-Vorsitzenden Dr. Juliane Wiesen durch mich offiziell eröffnet.
Meine liebe Freundin Juliane habe ich 2004 im Greytown Children’s Home kennengelernt und sie war und ist zusammen mit ihrem Verein „Siyabonga" eine echte Stütze dieses Projekts. Juliane hat miterlebt, wie sich das Projekt von einer kleinen Küche im Gemeindezentrum zu unserer eigenen Suppenküche mit Mehrzweckhalle in der Voortrekker Street 68 entwickelt hat. Mein glücklichster Moment war, als das Band durchgeschnitten und die Tore der neuen Suppenküche offiziell geöffnet wurden. Mit einer Menge an Gratulanten und Juliane an meiner Seite zu stehen und die Schere in der Hand zu halten, löste in mir große Emotionen aus – ein Gefühl des Glücks und der Zufriedenheit. In meiner Eröffnungsrede dankte ich zuerst Gott und alle anderen folgten.
Das Projekt versorgt derzeit jeden Dienstag und Donnerstag ca. 250 Menschen mit Essen. Von 15 Mitgliedern im Jahr 2002 haben wir derzeit 3 geschäftsführende und 4 aktive Mitglieder, unter denen die Arbeit aufgeteilt wird. Ich habe ein engagiertes kleines Team, das bei der Zubereitung und dem Servieren des Essens hilft. Wie schön ist es zu sehen, wie die Empfänger lächeln und „Danke“ oder „Siyabonga“ sagen, während sie die frisch zubereiteten Mahlzeiten entgegen nehmen und genießen.
Wobei nicht zu vergessen ist, dass es mit zunehmendem Alter nicht einfacher wird. Herausforderungen wird es immer geben, aber wir dürfen nicht zurückschrecken. Meine größte Sorge ist, warum Menschen nicht nach vorne treten und ihr Wissen, ihre Zeit und Energie teilen wollen. Die ständig steigenden Lebensmittelpreise geben Anlass zu großer Sorge, aber wir wissen, dass wir Eure und Siyabonga’s Unterstützung haben.
Wenn ich Freizeit habe, arbeite ich gerne an meinen alten Autos und Traktoren. Außerdem verbringe ich gern Zeit mit meinen Kühen und Eseln und natürlich mit meinen Enkelkindern.
Im Juli 2006 wurde ich als Rotarier vereidigt und erhielt 2010 den „Serva Rathna-Preis“ – eine Auszeichnung für die Förderung der Hindi-Sprache und für meinen Dienst an der Menschheit, sowie eine Anerkennungsurkunde der „People Of Destiney Church“ für diesen Dienst an der Menschheit. Das Zertifikat spricht für sich.
Mein Motto ist: „Wir kommen diesen Weg entlang - wenn wir etwas Gutes tun können, dann sollten wir es tun, solange wir können, denn wir kommen vielleicht nie wieder auf diesen Weg zurück.“
Liebe Grüße und bitte übermittelt auch an alle unseren wunderbaren Freunden und Unterstützer in Deutschland unsere besten Wünsche.
D.R. Aheer und das Team vom Greytown Feeding Project
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